Gelebte Demokratie

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide
sind in Bayern ein vielfältig genutztes Instrument für die direkte Demokratie und zeigen den Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger, sich gestaltend in die Lokalpolitik einzubringen.

Gerne werden Bürgerentscheide auf den Tag von Kommunal-, Landes-, Bundestags- oder Europawahlen gelegt, um die Wahlbeteiligung an einem Bürgerentscheid zu erhöhen. So fanden bei der letzten Landtags- und Bezirkstagswahl am 08.10.2023 parallel 24 Bürgerentscheide in Bayern statt.

Geschichte
Am 01.10.1995 wurde das Recht auf kommunale Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Bayern durch einen Volksentscheid erwirkt. Der Vorschlag von Mehr Demokratie wurde mit 57,8 Prozent der Stimmen angenommen. Die Gesetzesänderung trat daraufhin am 1.11.1995 in Kraft und wurde sowohl in der bayerischen Verfassung als auch in der bayerischen Gemeindeordnung (GO) und Landkreisordnung (LkrO) verankert.

Regeln & Verfahren
Wie können Menschen in Bayern „von unten“ an der Gesetzgebung ihrer Kommune teilhaben? Bei der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren: In der ersten Stufe sammeln Bürger*innen Unterschriften für ein Bürgerbegehren über das in der zweiten Stufe in Form eines Bürgerentscheids abgestimmt wird. Der Bürgerentscheid entspricht einem Gemeindebeschluss und darf ein Jahr lang nicht durch andere Gemeindebeschlüsse abgesetzt werden.

Im Folgenden finden Sie einen kurzen Überblick über das Verfahren.

1. Stufe: Bürgerbegehren
Finden sich Bürger*innen oder Initiativen einer Gemeinde zusammen und möchten die Geschicke in ihrer Kommune verändern, können sie ein Bürgerbegehren starten. Die möglichen Themen, die ein Bürgerbegehren adressieren kann, müssen dabei im Wirkungskreis der Angelegenheiten der Gemeinde liegen. Dies umschließt viele Bereiche wie Bebauungspläne oder Umwelt. Ausgenommen sind davon jedoch Angelegenheiten, die dem 1. Bürgermeister unterstehen, den Haushalt als Ganzes und die innere Organisation der Gemeinde betreffen, sowie die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten, z.B. deren Gehalt.

Aus dem gewählten Thema des Bürgerbegehrens ergibt sich die Fragestellung, über die später im Bürgerentscheid abgestimmt werden soll. Hier gilt es zu beachten, dass die Frage prinzipiell mit Ja oder Nein zu beantworten sein muss. Zusätzlich muss die Frage positiv formuliert sein, also „Sind Sie dafür, dass ..“. Die Fragestellung darf außerdem nur eine einzelne Frage beinhalten. Darüber hinaus bedarf die Fragestellung eine Begründung, in der die Initiative darlegt, warum sie das Bürgerbegehren startet. Ist die Fragestellung geklärt, braucht es zusätzlich bis zu drei Personen, die sich bereit erklären, die Unterschreibenden zu vertreten.

Richtig „los“ geht das Bürgerbegehren dann mit dem Sammeln von Unterschriften. Für das Unterzeichnen ist kein Gang zum Rathaus o.Ä. nötig. Üblicherweise finden sich Unterschriften-Listen in Ihren Briefkästen wieder oder die Initiierenden werben auf Festen, öffentlichen Plätzen etc. um Unterschriften. Berechtigt für die Unterschrift sind alle wahlberechtigten Einwohner*innen der Gemeinde. Die Anzahl an benötigten Unterschriften („Quorum“) hängt von der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune ab und liegt zwischen 10 und 3%. Grundsätzlich gilt, je kleiner die Gemeinde, desto höher ist das Quorum. Sind genügend Unterschriften beisammen, überreicht die Initiative das Bürgerbegehren der Gemeinde.

Nach Einreichung hat die Gemeinde einen Monat Zeit, um die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen. Ein Gemeinderat kann das Bürgerbegehren dabei nicht aus politischen Gründen ablehnen, da es bei der Zulassung lediglich um eine Rechtsfrage geht. Erklärt der Gemeinderat das Bürgerbegehren für zulässig, kann er das Bürgerbegehren theoretisch direkt als Beschluss annehmen. Andernfalls kommt es zum Bürgerentscheid.

2. Stufe: Bürgerentscheid
Spätestens drei Monate nach Einreichung der Unterschriftenliste muss der Bürgerentscheid über das Bürgerbegehren erfolgen. Wahlberechtigt sind alle Stimmberechtigten einer Gemeinde. Gerne wird ein Bürgerentscheid auf den Tag von Kommunal-, Landes- oder Bundestagswahlen gelegt, um die Wahlbeteiligung an einem Bürgerentscheid zu erhöhen. Abhängig von der Einwohnerzahl der Gemeinde braucht es beim Bürgerentscheid ein Zustimmungsquorum von 20, 15 oder 10%.

Erfüllt der Bürgerentscheid das Zustimmungsquorum, entspricht er einem Beschlusses des Gemeinderats und darf ein Jahr lang nicht vom Gemeinderat abgeändert werden.

Der Bürgerentscheid „von oben“: das Ratsbegehren
Zum Bürgerentscheid kann es ebenso kommen, wenn der Gemeinderat mit einer einfachen Mehrheit beschließt, ein Ratsbegehren durchzuführen. In der Regel entscheiden sich Gemeinderät*innen für diesen Schritt, wenn sie spüren, dass ein Projekt von großer Tragweite für die Gemeinde ist und sie daher ein verbindliches Stimmungsbild von der Bevölkerung benötigen. Häufig werden Ratsbegehren vom Gemeinderat auch als Alternative zu einem Bürgerbegehren beim Bürgerentscheid aufgeführt. Beim Bürgerentscheid gilt für ein Ratsbegehren dieselben Zustimmungsquoren wie bei ein Bürgerbegehren. Kommt es bei einem Bürgerentscheid zwischen Bürgerbegehren und Ratsbegehren zum Gleichstand, entscheidet die Stichfrage.

(Quelle: „Mehr Demokratie LV Bayern“)

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